Wo es im Waldviertel noch natürliche Wälder gibt

Für den renommierten Naturschützer und Fotografen Matthias Schickhofer sind ursprüngliche Wälder seit seiner Kindheit seine Seelenlandschaften. Sein neues Buch widmet er der Region, wo er aufgewachsen ist, und wo es noch wilde Natur zu entdecken gibt: das Waldviertel in Niederösterreich.

Aus dem Buch “Wildes Waldviertel”:

Fast alle Wälder im Waldviertel wurden in der Vergangenheit abgeholzt und in mehr oder weniger naturferne Wirtschaftswälder oder landwirtschaftliche Flächen umgewandelt. Doch es gibt noch einige entrückte Reste der früheren wilden Wälder: im Nationalpark Thayatal, im mittleren Kamptal zwischen Wegscheid und Rosenburg, im Kremstal bei Senftenberg oder beim „Zwickl“, sowie in der Wachau – an den Südhängen des Jauerlings.

Ur-Wälder erkennen

Natürliche Wälder sind an der Vielfalt der Baumarten und am unterschiedlichen Alter der Bäume zu erkennen – manche Exemplare sind sehr alt, mächtig und mitunter knorrig. Stehendes und liegendes Totholz prägt das Waldbild.
Die Natur entfaltet eine beeindruckende Wuchskraft und Üppigkeit. Wer einen Hauch von großer Waldwildnis sucht, wird besonders im mittleren Kamptal zwischen Wegscheid am Kamp und Rosenburg fündig.

Wo die Zeit stehen bleibt

Das schluchtartige Engtal bei Schauenstein ist einer der weltabgewandtesten und wildesten Orte des Waldviertels.
Nur das Rauschen des Flusses und des Windes – neben einer großen Zahl an Vogelarten – ist zu hören. Über dem schmalen Pfad liegen umgestürzte Bäume. Hoch über dem Engtal thront die Ruine Schauenstein – der Blick vom Bergfried auf die wilden Wälder ist berauschend. Auch vom Ruinenrest „Ödes Schloss“ im Stiftswald Altenburg bieten sich betörende Einblicke in das einsame Tal und seine grandiose Naturlandschaft. Ebenso bemerkenswert sind die naturnah bewirtschafteten Wälder des Stifts Altenburg. Die artenreichen Hangwälder im Kamptal will das Stift als unbeeinflusste „Referenzflächen“ bewahren.

Die Natur sich selbst überlassen

Tuchfühlung mit Waldwildnis ermöglicht auch der Nationalpark Thayatal bei Hardegg. Wer von hier oder von der Feste Kaja aus in das einsame, liebliche Engtal wandert, wird bald von der Stille und vom Duft der urwüchsigen Hangwälder umfangen. Die Wälder dürfen sich seit etlichen Jahren ungestört entwickeln und nehmen zusehends den
Charakter natürlicher Wälder an. An manchen Hängen erinnert der Wald mit seinen großen Linden und Buchen, die sich über moosigen Blockhalden erheben, schon heute an einen Urwald. Auch der Südrand des Waldviertels bietet einzigartige Waldwildnis: Auf Einhängen des Jauerlings zum Donautal hin gedeihen sehr wilde Buchen- und Eichenwälder. Es wächst hier sogar die seltene Flaumeiche.

Buchenriese in einem Naturwald im Kamptal (c) Matthias Schickhofer

TIPPS FÜR WILDNISERLEBNISSE

Der Kamptal-Seenweg, der Schauensteinweg (ab Krug oder Wegscheid am Kamp) bzw. Wanderwege durch den Stiftswald von Altenburg bieten leichte Genusswanderungen durch das stille und einsame mittlere Kamptal, oft mit Blick auf den unverbauten Fluss und wilde Hangwälder – mit knorrigen Methusalem-Bäumen, Totholz und einer großen Vielfalt an Pflanzenarten. An manchen Stellen müssen umgestürzte Bäume überklettert werden.

In den „Bi-Nationalpark“ Thayatal-Podyji (eine österreichisch-tschechische Nationalpark-Ehe) führen idyllische Wege ab Hardegg, Nationalparkzentrum oder Feste Kaja. Aussichtspunkte wie der „Überstieg“ beim Umlaufberg oder die „Henner-Aussicht“ verschaffen Überblick über die (verwildernden) Laubmischwälder. Manche Hangwälder mit ihren moosigen Schutthängen, Felsfluren und Baum-Veteranen vermitteln grandiose Wildniseindrücke.

Der lichte, steppenartige Boden des offenen, trockenen Naturwalds unterhalb des Zwölferkogels beim Jauerling ist im Frühling ein Blütenmeer. Der Wanderweg Spitz–Jauerling (Jauerlingrunde) führt mitten durch die wilde Landschaft.

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