Besser schlafen: Tipps bei Schlafproblemen

Viele von uns sehnen sich nach besserem Schlaf. Wir wissen: Wer gut schläft, hat Energie, Konzentration und Kraft für den Alltag. Schlaf ist zudem der wichtigste Faktor für ein langes, gesundes Leben und um Demenz vorzubeugen. Doch immer mehr Menschen leiden unter Schlafproblemen – ob beim Einschlafen, Durchschlafen, oder wenn der Schlaf nicht erholsam ist. Wann, wo und wie schläft es sich am besten? Schlaffforscherin Dr. Birgit Högl weiß es.

Das richtige Timing
Ein einfacher, hochwirksamer und dazu noch komplett kostenloser Tipp bei Schlafproblemen lautet: fixe Aufstehzeit. In älteren Schlafhygiene-Empfehlungen hieß es häufig: „Gehen Sie jeden Tag zur gleichen Zeit ins Bett!“ Doch der Tipp ist unrealistisch, denn bei wem ist schon jeder Tag gleich? Es wäre doch schade, würden wir zum Beispiel auf Feste verzichten, damit wir nur brav zur richtigen Zeit ins Bett kommen. Wer ohnehin gut schläft, kann natürlich ausschlafen. Wer schlecht schläft, sollte seine Aufstehzeiten aber nicht ständig variabel gestalten. Man sollte sie auch nicht danach richten, wie gut oder schlecht man geschlafen hat. Bei chronisch schlechtem Schlaf dehnen viele die Zeiten im Bett aus. Zwar brauchen wir sieben bis neun Stunden Schlaf, aber wir brauchen eben auch nicht mehr als neun Stunden. Denn beim Schlaf gilt auch: Viel hilft nicht viel.

Ein ruhiger Schlaf
Wir leben in einer lauten Welt. Orte, an denen wirklich Stille herrscht, sind rar geworden. Und das hat Folgen für den Schlaf. Der leidet nämlich auch dann unter Ruhestörungen, wenn wir gar nicht aufwachen. Vorbeirauschende Autos, ein ratternder Zug oder grölende Partymenschen unten auf der Straße – sie alle stören unsere Schlafqualität. Ohne es zu merken, driften wir vom Tiefschlaf in einen oberflächlichen Schlaf. Auf die Dauer stresst das den Körper. Auch ein schnarchender Partner lässt uns weniger tief schlafen. Wenn dies der Fall ist, sollte man als Erstes der Ursache
auf den Grund gehen und ärztliche Hilfe aufsuchen. Auch Schnarchen, an das man seit Jahren gewöhnt ist, führt zu Mikrowachreaktionen, die die Schlafintegrität beeinträchtigen. Bleibt es beim Schnarchen, kann man versuchen, sich mit Ohrstöpseln zu schützen – die beste Lärmreduktion bieten dabei übrigens Ohrstöpsel aus Wachs. Natürlich hat diese Methode ihre Grenzen: Erstens mögen nicht alle die Stöpsel oder können sich trotz guten Willens nicht daran gewöhnen. Zweitens kann sehr lautes Schnarchen bis zu 90 Dezibel erreichen: Bei dieser Laustärke helfen die Stöpsel kaum mehr.

Dr. Birgit Högl (Copyright: Maria Kirchner)

Kühl schläft es sich besser
Die Älteren von uns können sich vielleicht noch an Bettschuhe aus Wolle erinnern, die die Großmutter gehäkelt
hatte. Man zog sie vor dem Zubettgehen an und streifte sie meistens kurz vor dem Einschlafen unter der Decke ab. Wie
viele andere überlieferte Tipps und Gewohnheiten sind sie gar keine schlechte Idee.
Damit wir gut einschlafen können, muss die Körperkerntemperatur absinken. Bei Gesunden sinkt die Temperatur
ganz von allein durch die Ausschüttung von Melatonin ab, und auch, weil man nicht mehr aktiv ist. Die Funktion der
Bettsocken: Wenn Hände und Füße warm sind, die Blutgefäße an diesen Körperteilen, die eine große Oberfläche haben, also schön weit gestellt sind, gelingt es besser, die Körperkerntemperatur abzusenken. Denn über die warmen Hände und Füße kann Wärme an die Umgebung abgeführt werden, wie die Forschungsgruppe für Chronobiologie in Basel schon 1999 eindrucksvoll gezeigt hat.. Den gleichen Effekt wie die Bettsocken hat übrigens ein warmes Fußbad vor dem Einschlafen, oder für manche vielleicht auch ein Vollbad.

Meistens wird rund 18 Grad als optimale Raumtemperatur zum Schlafen angegeben, aber die Spannbreite ist groß – und viele werden die Erfahrung gemacht haben, dass es sich auch bei Temperaturen deutlich näher am Gefrierpunkt noch gut schlafen lässt, wenn die Bettdecke oder der Schlafsack warm genug ist. Außerdem kann sich die individuelle Temperatur-Präferenz im Lauf des Lebens ändern.
Allgemein gilt: Für einen guten Schlaf sollten wir es nicht zu kalt, aber auch nicht zu heiß haben. Wenn im Sommer
die Temperatur in der Innenstadt nachts nicht mehr unter 30 Grad fällt, kann der Körper kaum mehr Wärme nach
außen abgeben, die Körperkerntemperatur wird damit nicht wirksam gesenkt: Man kann also nur schlecht einschlafen
und durchschlafen. Dass die Menschen im Sommer schlechter schlafen als im Winter, wurde schon vor vielen Jahren in
Israel gezeigt, in unseren Breitengraden wird es erst zunehmend ein Thema.

Was heißt bequem?
Wie man sich bettet, so schläft man: Das stimmt nur bedingt.
Genau genommen wird zu viel Aufhebens um die perfekte Bettstatt gemacht. Das Marketing mancher Betten- und Matratzenhersteller hat dazu geführt, dass viele versuchen, ihrem schlechten Schlaf mit ständig neuen Produkten beizukommen. Berücksichtigt man evidenzbasierte Schlaftipps, stellt man fest, dass es nicht so entscheidend ist, wie das Bett aussieht. Timing und Temperatur sind weitaus wichtiger. Die einzige relevante Empfehlung: Wir sollten möglichst flach liegen. Kurze Sofas oder Fernsehstühle sind daher nicht ideal für einen erholsamen Schlaf.

Der Faktor Licht
Wir haben es schon angesprochen: Wenn es dunkel wird, schüttet unser Körper vermehrt Melatonin aus. Dieser Botenstoff signalisiert unserem Körper: „Jetzt ist Schlafenszeit!“ Melatonin hat jedoch einen Gegenspieler: Licht, und ganz besonders kurzwelliges Blaulicht. Die Ganglienzellen in der Netzhaut des Auges, die auf Licht reagieren, sind ausgesprochen sensibel für dieses kurzwellige Licht. Deshalb ist Blaulicht auf der einen Seite so gut geeignet, Arbeitende in einer Fabrik wach zu halten. Als Beleuchtung für das abendliche Zähneputzen im Badezimmer oder als Leselicht im Schlafzimmer ist es dagegen denkbar ungünstig. Das wurde allen Warnungen von Schlafmedizinerinnen und Chronobiologinnen zum Trotz nicht berücksichtigt, als die sogenannten Energiesparlampen auf den Markt kamen, deren erste Generation besonders kaltes, blaues Licht ausstrahlten. Aber auch Computer-, Laptop-, Handy- und Tablet-Bildschirme strahlen helles Licht ab, zum Teil mit einem hohen Anteil an kurzwelligem Blaulicht. Mittlerweile können wir bei vielen Geräten einen Blaulichtfilter aktivieren, wenn wir abends arbeiten, Nachrichten schreiben oder im Internet surfen. Leider ist dabei oft der Kontrast schlechter, und zum Filmschauen sind die Filter eher ungeeignet.
Ein möglicher Schutz gegen abendliches Blaulicht sind Brillen mit Blaulichtfilter. Allerdings können diese den unerwünschten Nebeneffekt haben, dass sie sogar zu wenig erwünschtes Blaulicht an unsere Netzhaut lassen, wenn sie tagsüber getragen werden. Auf diesem Gebiet passiert aber sehr viel: Sowohl bei Brillengläsern als auch bei Displays gibt es zahlreiche Forschungen.
Aber nicht nur taghelles Licht oder Blaulicht, auch schon sehr geringe nächtliche Lichtintensitäten beeinträchtigen
unseren Schlaf. Gewöhnliche Lamellenrollos reichen bei Weitem nicht aus, um einen Raum angemessen zu verdunkeln. Zu empfehlen sind wirklich gut abdichtende Fensterläden oder Rollläden, sowie Vorhänge mit Lichtschutzbeschichtung, sogenannte Verdunkelungsvorhänge, die groß genug sind, um das gesamte Fenster oder die gesamte Balkontür komplett abzudunkeln. Generell ist zu empfehlen, das Schlafzimmer oder den Raum, in dem man sich aufhält, in den letzten 90 Minuten vor dem Einschlafen nicht zu hell zu beleuchten.

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