Kein Wahlkampf und keine politische Krise geht ohne ihn über die Bühne: Peter Filzmaier. Dabei wollte Österreichs bekanntester Politik-Kommentator eigentlich Sportreporter werden. Sein neues Buch widmet er nun seinem Lieblingsthema: dem Sport.
Ihr Herz schlägt für Sport, und nicht etwa Politik, wie man meinen möchte. War das schon immer so?
Den Berufswunsch Grisu, der kleine Drache, vulgo Feuerwehrmann hatte ich als Kind nie. Politiker sowieso nicht. Sportreporter schon. Also ja.
Haben Sie ein Lieblingssporterlebnis?
Ja, doch das war ein Ereignis, das bei uns kaum jemand kennt. Nämlich das Auftreten der australischen Schwimmstaffel über 4×100 Meter Kraul bei deren Olympischen Heimspielen in Sydney. Die hatten ein Jahr vor dem Rennen verkündet, das Ding zu gewinnen, obwohl sie von den Einzelbestzeiten her null Chancen hatten. Es folgten eine nationale Dauerhysterie und ein legendärer Rennverlauf. Doch für Details müssen Sie mein Buch lesen (lacht).
Welcher Sportler fasziniert Sie besonders?
Oje, da ist meine spontane Antwort politisch sehr inkorrekt. Es ist einer, der gedopt war und den Drogentod starb. Doch was Marco Pantani auf seinem Rad aufgeführt hat, sobald die Straße auch nur ein bisschen bergauf ging, das war einmalig. Andere Radstars waren nicht nur genauso voll mit Dopingmitteln, sondern hatten zudem eine Klassemannschaft und die perfekte Taktik – Pantani nahm auf jeder Bergetappe einfach sein Herz in beide Hände und stiefelte los. In seinem Heimatort haben sie ihm ein Denkmal gebaut, dass zum Wallfahrtsort für Fans aus aller Welt wurde. Scheinbar bin ich nicht der einzige Idiot, den er trotz allem faszinierte.
Im Sport wird Leistung mit Erfolg belohnt. In der Politik folgt auf Leistung …?
Für billiges Bashing von Politikern bin ich nicht zu haben, denn diese erbringen hochkomplexe Leistungen von den Inhalten über Organisationsmanagement bis zur Kommunikation. Doch was ist politischer Erfolg? Das Wahlergebnis? Mit einer so engen Sichtweise könnte man jeden Populismus rechtfertigen. Die Wirtschaftsdaten eines Landes? Da werden Verteilungsfragen nicht berücksichtigt. Die Wirtschaft in Verbindung mit sozialen Indikatoren? Das eher, aber für das subjektive Zufriedenheitsgefühl der Menschen ist es zu wenig. Nur im Sport können wir Leistungen eindeutig messen und in Zahlen fassen.
Wo wird mehr inszeniert? Politik oder Sport?
Wenn sich Politiker beim Sport inszenieren. Entweder als jubelnde Fans im Fußballstadion und Zielgelände eines Schirennens. Oder aber als Hobbykicker, Marathonläufer und Bungeejumper. Das gab es alles und wir hatten sogar einen Bundeskanzler, der beim missglückten Jonglieren mit dem Ball sein Büro zerstört hat. Jedenfalls beinahe.
Sie werden angefragt, in Zukunft Fußballspiele statt Wahlausgänge zu kommentieren – sagen Sie zu?
Wenn mein Barca spielt? Auf jeden Fall! Fast noch lieber wäre ich Kommentator bei den Olympischen Spielen oder für jeden Laufwettbewerb bis hin Marathon. Was mir weh getan hat: Eine Zeitung hätte mich als Journalist für Eliud Kipchoges Rekordlauf im Wiener Prater akkreditiert. Ich musste aber zur Landtagswahl nach Vorarlberg.
Ihre Halbmarathonbestzeit liegt bei 1 Stunde und 12 Minuten. Wie wichtig sind Ihnen persönliche Rekorde?
Ach, wenn man anfängt zu laufen, geht es um das Lauferlebnis an sich. Auch bei den ersten Volkslaufteilnahmen ist das so. Doch irgendwann kommt der Wettbewerbsgedanke hinzu. Das mit der Platzierung ist so eine Sache, weil ja auch vom Glücksfaktor abhängig, welcher Eliteläufer gerade wo startet oder nicht. Also ging es bei klassischen Distanzen wie 10 Kilometer oder Halbmarathon zugleich darum, die eigene Bestzeit zu verbessern.
Haben Sie mit diesem Buch über Sport einen Traum verwirklicht, oder schlummert da noch etwas anderes?
(lacht) Sagen wir so: Nichts, was ich allzu leichtfertig öffentlich sagen möchte.
Und welches Buch lesen Sie selbst aktuell gerade?
Ich lese gerade zum zweiten Mal Lou Lorenz-Dittlbachers “Der Preis der Macht”. Natürlich habe ich das Buch gleich nach dem Erscheinen im Vorjahr angeschaut. Doch Lou führt da so exzellente Interviews mit Ex-Spitzenpolitikerinnen, dass mir ständig spannende Details auffallen, die ich beim schnellen Erstlesen viel zu wenig wahrgenommen habe.
Peter Filzmaier ist Professor für Politikwissenschaft an den Universitäten Krems und Graz. Einer breiten Öffentlichkeit ist er als politischer Analytiker des ORF, als Gastkommentator in Zeitungen sowie als Talkshowgast bekannt. Vor allem jedoch ist Filzmaier-Sportfan, Hobbysportler und Läufer: Seine einstige Bestzeit über 10 Kilometer liegt knapp unter 33 Minuten, die Halbmarathonbestzeit ist 1 Stunde und 12 Minuten. Sein neues Buch heißt “Atemlos“.