Die hängende Bergkirche in Spiazzi (Italien)

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SANTUARIO MADONNA DELLA CORONA

Selbst wenn Gott, zumindest laut Altem Testament, missbilligend auf den himmelwärts strebenden Turm zu Babel geblickt haben mag: Das Verlangen danach, auch noch die lichtesten Höhen zu erreichen, blieb ein stetiges Merkmal christlicher Architektur und erreichte seinen bisherigen Höhepunkt mit den spitzen Bogen und hohen Türmen gotischer Kirchen und Kathedralen. Was die Wallfahrtskiche Madonne della Corona betrifft, so ist höher kaum noch möglich. Diese Kirche, die sich in Spiazzi in der Nähe Veronas befindet, wurde 774 Meter über dem Meeresspiegel in den nackten Fels des Monte Baldo gebaut und scheint verwundbar und fragil auf ihrem Felsvorspung zu balancieren. Weit unten liegt das Etschtal, darüber gibt es nur Fels und dann das weite Blau – eine wahrscheinlich himmlische Lage, könnte man sagen.

Wahrscheinlich waren es fromme Eremiten von der Abtei St. Zeno in Verona, die – furchtlos vor Höhen und trügerischen Bergpfaden – hier um das Jahr 1000 eine Kapelle errichtet haben. Mit Sicherheit weiß man nur von einem Kloster, das sich im 13. Jahrhundert in der Nähe befand. Der Ursprung der eigentlichen Kirche wird allerdings in das Jahr 1522 datiert. Angeblich brachten damals Mitglieder des Malteserordens eine Statue der Schmerzensmutter von Rhodos – “wunderbarerweise und mit der Hilfe der Engel” – hierher, nachdem sie von osmanischen Streitkräften unter Sultan Süleyman I. von dieser griechischen Insel vertrieben worden waren. Acht Jahre dauerte es, auf diesem Felsvorsprung eine Bergkapelle zu errichten, die als Schrein für diese göttliche Fügung gedacht war. Hundert Jahre später entstand dann eine größer Kirche, die seit damals immer wieder umgebaut wurde. Im 19. Jahrhundert bekam sie ein neugotisches Aussehen, und auch danach nahm man allerlei bauliche Eingriffe vor. Zum letzten Mal wurden in den 1970er-Jahren umfangreichere Arbeiten an der Kirche durchgeführt, da sie mittlerweile so baufällig war, dass sie beinahe zur Gänze abgetragen werden musste. Mühevoll und mit großem Einfühlungsvermögen wurde sie von dem Architekten Guido Tisate zwischen 1975 und 1978 rekonstruiert.

Die Pfade sind heute längst nicht mehr so riskant wie in vergangenen Zeiten, doch eine Wanderung von Brentino Belluno stellt die Gottesfurcht jedes Pilgers auf den Prüfstand, wenn er an die 1540 Stufen emporsteigt. Immerhin bietet der Weg, wie auf der Website von Madonna della Corona zu lesen ist, die “Chance, Wert und Bedeutung von Leid zu erfahren und zu verstehen”.

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