Monatlich eine fixe Summe Geld auf das Konto bekommen, ohne etwas dafür tun zu müssen? Das ist die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens. Solidaritätsforscherin Barbara Prainsack darüber, was es mit uns Menschen machen würde.
Kann das bedingungslose Grundeinkommen in der Corona-Krise helfen?
Dass der Ruf nach einem bedingungslosen Grundeinkommen (kurz BGE) in vielen Ländern gerade jetzt so laut wird ist natürlich kein Zufall. Neben all den Schwierigkeiten, die die Menschen in der Krise ohnehin schon haben, müssen viele sich um den Verlust ihrer Existenzgrundlage sorgen. Es wäre eine ungeheuerliche Entlastung für viele Menschen, sich zumindest darauf verlassen zu können, ein bescheidenes, aber regelmäßiges Einkommen zu haben.
Würde niemand mehr arbeiten wollen, wenn jeder bedingungslos 1.000 Euro pro Monat erhielte?
Machen wir ein kurzes Gedankenexperiment: Würden Sie Ihren Job aufgeben, wenn Sie ein Grundeinkommen hätten? Würden es Ihr Partner oder Ihre Partnerin, Ihre Geschwister, Eltern, oder Freund*innen tun? Die meisten Menschen würden es nicht tun, das sagen auch die Umfragen – und die bisherigen Feldversuche.
Außerdem ist es wichtig, Arbeit nicht nur auf Erwerbsarbeit zu reduzieren. Es gibt viele Menschen in unserem Land die keiner Erwerbsarbeit nachgehen – weil sie zu jung oder zu alt dafür sind, oder weil sie keine
finden können, die aber trotzdem viel arbeiten. Oder Menschen die neben ihrer Erwerbsarbeit unbezahlt arbeiten, wie zum Beispiel in der Pflege und Betreuung von Angehörigen. Diese Formen der Arbeit tragen ungeheuer viel zur Wertschöpfung in unser Gesellschaft bei.
Manche Befürworter*innen des BGE gehen zudem davon aus, dass ein Grundeinkommen einen Boost für Kreativität und Innovation bedeuten würde. Wenn heute jemand eine Idee hat, sich selbständig zu machen, kann sie oder er sich nicht einfach sechs Monate Zeit nehmen, um die Idee umzusetzen – weil diese Person ja auch während dieser Zeit ein Einkommen braucht. Mit einem Grundeinkommen wäre das leichter.
Allerdings gäbe es mit einem BGE eine Art von Jobs vermutlich nicht mehr: Jobs die niemand machen möchte und die gleichzeitig schlecht bezahlt sind. Menschen die Toiletten reinigen würden dann besser bezahlt werden müssen. Und manche dieser Jobs würden automatisiert werden.
Ein Gegenargument des BGE ist, dass es nicht finanzierbar sei. Wahr oder falsch?
Wenn man davon ausgeht, dass ein Grundeinkommen nicht das Ende der Erwerbsarbeit bedeutet, dann ist es finanzierbar. Wie genau, dafür gibt es unterschiedliche Modelle; etwa über eine Erhöhung von Einkommens-, Konsum-, oder Vermögenssteuern, oder die Einführung neuer Steuern, z.B. Finanztransaktionssteuern. Gleichzeitig gibt es auch Vorschläge, das Geld, dass Staaten etwa im Zuge Quantitativer Lockerungen in den Finanzsektor pumpt, zukünftig direkt den Bürger*innen zugute kommen zu lassen. Davon kommt dann auch einiges über die Steuern wieder zurück.
Würde das BGE die Immigration anfeuern?
Wenn ein Land als erstes ein BGE einführt dann gibt es sicher Menschen, die allein aus diesem Grund umziehen wollen würden. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass ein Grundeinkommen die Einwanderungsgesetze nicht außer Kraft setzen würde. Selbst innerhalb des EU-Raumes kann man bekanntlich nicht beliebig umziehen. Zudem könnte jedes Land, das ein BGE einführt, zusätzliche Beschränkungen einführen, z.B. dass man eine Zeit lang seinen Lebensmittelpunkt im Land gehabt haben muss bevor man ein BGE beziehen kann.