Essen Sie Fleisch?

Die Frage, ob man Fleisch isst oder nicht, sorgt oft für hitzige Debatten. Der Historiker Ilja Steffelbauer zeigt in seinem neuen Buch “Fleisch” dass diese Frage allerdings schon immer die Gemüter erregt hat. Wer darf oder kann wann wie viel Fleisch essen? Der Autor lädt zu einer Reise in die Vergangenheit und zeigt: Die Geschichte des Fleischkonsums ist eine Geschichte des Mangels, der Macht, der Tabus und der Gier.

Sie beleuchten in Ihrem Buch das Fleischessen aus historischer Sicht. Warum hat sich der Österreicher zum Schnitzelesser entwickelt?

Historisch ist der Österreicher – wie all unsere Ackerbauernvorfahren – vor allem Knödel-, Brot-, Erdäpfel-, mancherorts Nockerl- oder Sterzesser. Dass das Prestigegericht des Wiener Bürgertums (Kalbsschnitzel in Panade)- in der schon billigeren Schweinsvariante zum Nationalgericht wurde, hat wie vieles an unserem modernen Fleischkonsum mit kleinbürgerlichem Geltungsbedürfnis und dem Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit zu tun.

Der Historiker Ilja Steffelbauer hat sich für sein neues Buch die Geschichte des Fleischverzehrs näher angesehen. Foto: Gianmaria Gava

Sie schreiben, dass es Veganismus schon immer gab. Woher wissen Sie das und warum hat sich schlussendlich doch Fleisch durchgesetzt?

Eigentlich ist es umgekehrt. Die längste Zeit unserer Vergangenheit als Spezies waren wir vorherrschend Fleischesser. Erst seit wir sesshafte Ackerbauern wurden, haben wir auf eine primär pflanzliche Diät zurückgreifen müssen und erst seit es komplexe Gesellschaften gibt, in denen man sich durch Tabus und Verbote von den “anderen”, den Fremden und den Unteren, abgrenzen will, wählen manche Gruppen dafür den Verzicht auf Fleisch.

Essen Sie persönlich Fleisch? Wie stehen Sie persönlich zum Fleischkonsum?

Wie jeder normale Homo Sapiens in den letzten 300.000 Jahren esse ich, was in meiner Umwelt an Nahrungsmittel verfügbar ist und mir durch soziales Lernen aus meinem Umfeld als genießbar und schmackhaft vermittelt wurde. Wie für die meisten Menschen gehört dazu selbstverständlich Fleisch, da ich ja in keine Kultur sozialisiert wurde, die ein Fleischtabu besitzt. Da ich auch nie in die Situation gekommen bin, mich durch mein Essverhalten sozial abgrenzen zu müssen, hat sich daran auch nichts geändert. Da ich in eine noch stark proletarisch und unterbäuerlich geprägten Familie sozialisiert wurde, finden sich in meinem ererbtem Nahrungsspektrum noch viele traditionelle, fleischlose Gerichte von Karfiol mit Bröseln über Erdäpfelnudeln bis zu Krautsuppe; und ein anerzogener Respekt vor Nahrungsmitteln und der harten Arbeit, welche zu ihrer Gewinnung notwendig ist.

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